Verbesserte Ladeinfrastruktur für Elektroautos durch SLAM

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02.05.2017 

Kürzlich jährte sich die Jungfernfahrt des ersten Elektrofahrzeugs der Welt. Am 19. April 1881 fuhr das Trouvé Tricycle, ein mittels Elektromotor (70 W) angetriebenes Dreirad, auf der Rue Valois durch Paris. Erfinder des nach ihm benannten Fahrzeugs war der französische Ingenieur Gustave Trouvé. Das Gefährt befuhr die Strecke mehrfach „mit der Geschwindigkeit eines guten Pferdefuhrwerks“, wie Alexis Clerc schrieb. Seit diesem Tag vor 136 Jahren, der mit Fug und Recht als die Geburtsstunde der Elektromobilität bezeichnet werden kann, gab es immense technologische Fortschritte auf dem Gebiet des Elektroantriebs zu vermelden. Inzwischen ist der Anblick von Elektroautos längst keine Kuriosität mehr und wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, sollen bis ins Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen und Autobahnen unterwegs sein. 

Zur Erreichung dieses ambitionierten Ziels trägt u.a. das Großprojekt SLAM (Schnellladenetz für Achsen und Metropolen) bei, in dem die Automobilindustrie, die EnBW, der DG Verlag, die RWTH Aachen und das Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart gemeinsam am Aufbau von bis zu 400 AC- und DC-Schnellladesäulen arbeiten. Einer der beteiligten Forscher ist Denis Horn vom IAT der Universität Stuttgart. Zum Geburtstag der Elektromobilität haben wir ihn nach seiner Meinung zur Zukunft der Mobilität und dem Fortgang des SLAM-Projekts befragt. 

 

1. Guten Tag Denis, könntest du uns SLAM kurz beschreiben und unseren Lesern die Ziele des Projekts erläutern?

 

D.H.: SLAM ist als Forschungsprojekt Wegbereiter, um die Herausforderungen der Elektromobilität im Allgemeinen und die Hindernisse beim Schnellladen in Deutschland zu erforschen und zu beseitigen. 

 

 

2. Was genau ist deine Rolle am Projekt und an was arbeitest du derzeit konkret?

 

D.H.: Wir unterstützen Investoren beim Aufbau von Schnellladestationen und ich bin dabei ihr Ansprechpartner. Gemeinsam mit unseren Investoren möchten wir an Deutschlands größtem Forschungsladenetzwerk forschen und Themen wie Standortattraktivität, Geschäftsmodelle, aber auch Nutzerverhalten und Akzeptanz untersuchen. Geschäftsmodelle sind übrigens meine zweite Aufgabe im Projekt. Konkret untersuchen wir wie das Angebot beim Schnellladen aussehen kann. Im Gegensatz zu konventionellen Tankstellen kann Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge theoretisch überall aufgebaut werden, solange eine ausreichende Stromversorgung vorliegt. Der Standort – sei es an der Autobahn, vor dem Einkaufszentrum, auf dem Firmengelände oder vor dem Fußballstadion – beeinflusst das Angebot an den Kunden und damit das Geschäftsmodell enorm. 

 

 

3. Was sind deiner Meinung nach die kurz- und mittelfristig größten Herausforderungen auf dem Weg zu mehr Elektromobilität?

 

D.H.: Momentan wird durch das vom BMVi (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) ausgerufene Programm zur Förderung des Ladeinfrastruktur-Aufbaus mit einem Gesamtvolumen von 300 Mio. EUR in dieser Richtung schon viel gemacht. Wie gut dies angenommen wird, kann man aktuell noch nicht genau sagen. Einig ist man sich, dass nur mit Hilfe des Schnellladens auch längere Strecken problemlos bewältigt werden, sonst bleibt das Elektromobil meist nur als Zweitfahrzeug in der Garage.   

 

 

4. Wenn es um Elektromobilität geht, spricht man häufig vom Henne-Ei-Problem im Bezug darauf, ob mehr E-Autos einen Ausbau der Infrastruktur nach sich ziehen oder eine Ladeinfrastruktur notwendig ist, um das Produkt Elektroauto für Kunden attraktiver zu machen. Was ist deiner Meinung nach richtig und was müsste geschehen, um die Akzeptanz der Elektromobilität zu erhöhen?

 

D.H.: Um das Henne-Ei Problem zu lösen muss jemand in Vorleistung gehen, d.h. abwarten bis sich etwas von alleine entwickelt funktioniert nicht. Dies wird im Moment durch das Förderprogramm auch initiiert. Natürlich ist aber mehr nötig als nur ein funktionierendes öffentliches Ladenetz. In dem Zusammenhang wird gerne von R.I.P. geredet – Reichweite, Infrastruktur, Preis; Elektrofahrzeuge müssen eine gewisse Reichweite bieten können, Infrastruktur muss vorhanden sein und der Preis der Fahrzeuge muss in einem für den Kunden akzeptablen Rahmen sein. Zudem sollte die Angebotspalette unserer Hersteller in allen Fahrzeugklassen etwas anbieten. Wenn den Ankündigungen der Industrie Taten folgen, dann könnte die Elektromobilität in den nächsten Jahren tatsächlich einen zweiten Frühling erleben. 

 

 

5. SLAM wurde offiziell auf der Hannover-Messe 2014 gestartet. Mit dabei war unter anderem die heutige Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Seither ist einige Zeit ins Land gegangen. Könntest du uns einen kurzen Zwischenbericht geben und den Lesern erklären, wie weit ihr inzwischen gekommen seid?

 

D.H.: Anfangs mussten die Rahmenbedingungen gesetzt werden, wie das System Schnellladeinfrastruktur in Deutschland umzusetzen ist; Themen wie offenes Zugangssystem, Ad-Hoc Zahlungsmöglichkeit, einheitliche Stecker- und Ladesäulenstandards, Interoperabilität von Fahrzeug und Ladesäule, eRoaming, usw. standen zuerst im Fokus. Anschließend wurde ein Auswahlverfahren konzipiert, um Investoren für das Projekt zu gewinnen, mit Hilfe deren wir unsere wissenschaftlichen Fragestellungen angehen wollten. Zwischenzeitlich haben wir in Absprache mit unserem Fördermittelgeber, dem Ministerium für Wirtschaft und Energie BMWi, die Bedingungen für den Aufbau der Schnellladesäulen angepasst; damit wurde der fortschreitenden Entwicklung Rechnung getragen um auch zukünftig an Standorten deutlich höhere Ladeleistung anbieten zu können. Aktuell sind mit Hilfe unserer Investoren knapp 60 Standorte bundesweit mit DC-Schnellladeinfrastruktur aufgebaut, ein Großteil davon kann in Zukunft problemlos auf höhere Ladeleistung umgerüstet werden. Damit ist man auch in Zukunft auf der sicheren Seite, wenn Fahrzeuge mit 150 kW oder mehr geladen werden können.   

 

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit dem Projekt. 

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